Montag, 5. November 2018

Plötzlich Herbst


Eigentlich gar nicht so plötzlich, nach gefühlt sechs Monaten Sommer. Tristesse auch auf dem Spielfeld, auch dort nicht so unerwartet, nach 12 Monaten Dauerfeiern.

Schäfer sagt, nur fünf Millionen für Transfers ausgegeben und ist stolz drauf. Mildes Lächeln allerorten, angesichts der Summe, die anderswo der Portokasse entspricht.
Und Entwickeln sagt er. Immer wieder. Spieler entwickeln, Tradition fortsetzen, aus Wenig Viel machen.

Funkel sagt, Entwickeln ist endlich. Aus einem Maulesel kannst Du keinen Lipizzaner machen. Sagt er nicht, meint er aber.

Das Beste hat er schon herausgeholt, belohnt durch Siege und den Aufstieg. Für die Bel Étage ist das Beste aber doch nicht gut genug, das muss man dann wohl einsehen.

So laufen und rennen sie, erst furcht- und angstlos, dann mut- und planlos. Rennen sie nach vorne, knallt es hinten. Stehen sie hinten, herrscht vorne Leere. Am Ende bleibt es zu arg- und ertraglos.

Die Mechanismen greifen nicht und selbst der Königsstorch mutiert zur Lame Duck, dessen herausragendste Eigenschaft sich zur Zeit in seinem etwas, nun ja, eigenwilligen Kleidungsstil manifestiert.

Immerhin können sie Regionalliga. Das ist doch schon mal was. Man fürchtet, es ist wegweisend, dahin, wo viele sie gern hätten. Durchgereicht, aussortiert, möglichst nach ganz weit unten.

Man hätte es ja wissen können, das letze Mal ganz oben ist ja erst fünf Jahre her. Lehren ziehen, besser machen, Änderungen umsetzen.

Nein, da ist man stur, es bleibt beim Konzept des Mini-Max-Prinzips, ökonomisch wertvoll, spielerisch der Offenbarungseid.

Ein bisschen leid können sie einem tun, wenn man sie an ihr Limit gehen sieht, stets bemüht, mit Kampf und Herz gegen die Übermacht anzustürmen. Bis irgendwann die Arme und die Köpfe hängen, die kleinsten Fehler gnadenlos bestraft werden, der Lohn die leeren Hände sind.

Man ahnt es schon, dem Trainer wird es angelastet werden, einer muss ja büßen, die Schuld auf sich nehmen. Natürlich ist es er allein, der es nicht schafft, die Sieger des Unterhauses stabil im Oberhaus zu platzieren. Auf Biegen und Brechen soll er es vollbringen, die hungrigen Jungen und rüstigen Alten auf das höchste Niveau zu hieven. Nur kosten, was es wolle, darf es nicht.

Das Wunder soll her, den Kleinstetat zu etablieren, umringt von Branchenriesen, die spielerische Klasse shoppen, wenn das Erreichen des Ziels gefährdet ist. Die Landeshauptstadt aber, die bleibt trotzig wie ein kleines Kind, beharrt auf gesetzte Prinzipien und mault mit vorgeschobener Unterlippe, wenn das nicht zum Erfolg führt, während sie die Schnäppchenjagd weiterhin zur brotlosen Kunstform erhebt.

Schuldenfrei in Liga Zwei, das ist der Gedanke, der sich aufdrängt, bei aller Geduld, mit der man es Woche für Woche erträgt und dabei zusieht, wie das hehre Ziel wie ein Kartenhaus zusammenbricht.

Heribert sagt, im Mai werden sie den Trainer auf Händen tragen und ihm Rosenblätter streuen, im November werden sie ihn mit Schimpf und Schande vom Hof jagen. Es könnte durchaus so sein, mit variablem Zeitfenster. Heribert knows best.

Und dann? Ein neuer Fußballlehrer, ein neues Konzept mit frischen Impulsen, die alten Probleme. Die unmögliche Aufgabe, aus einem Klumpen Lehm Gold zu machen. Man könnte den Erfinder des Post-its fragen, wie das geht.
Fußball ist ein Geschäft, aber doch auch ein Sport, der davon abhängt, wie die Menschen agieren, auf und neben dem Platz.
Des Trainers Stuhl ist ein Schleudersitz, ein Heilsbringer noch nicht erfunden. Neue Besen kehren gut und wirbeln dann doch nur alten Staub auf.

Der dritte selbstverschuldete Handelfmeter im dritten Spiel von drei verschiedenen Spielern hintereinander, der den Anfang vom Ende einleitet. Das ist beinahe lustig, wenn es nicht so traurig wäre.
Danach kann man zuschauen, wie sie sich selbst demontieren, den Faden verlieren, sich irgendwann ergeben. Dann bleibt nur das Gefühl, dass wieder alles umsonst war. Die Motivation verpufft und macht der inneren Leere platz.

Die Pfiffe schenkt man sich, klatscht trotz allem artig und honoriert die Bemühungen, denn der Unmut träfe die Falschen. Einigen Wenigen möchte man mangelnde Einstellung vorwerfen, aber das mag auch ein subjektiver Eindruck sein, untermauert vom allgemeinen Desaster und der herrschenden Ratlosigkeit.

Gebetsmühlenartig wird Entwicklung gefordert, die findet auch statt, nur eben nicht in die Richtung, die man gerne hätte.
Stattdessen feiert man neue Mitgliederrekorde, ummalt von Smilies mit verliebten Herzchenaugen. Das ist toll, wirklich. Ob man irgendwann einräumen muss „ach nee doch nicht“ und dass das Ganze nur der temporären Erstligazugehörigkeit oder vielleicht dem einfacheren Prozedere des Kartenkaufs für so genannte Top-Partien  geschuldet ist, seis drum. Es beschert einen bescheidenen Geldsegen, der sorgsam in die Matratze eingenäht wird. Für magere Zeiten. Nicht jetzt, man ist schließlich derzeit on top. Zwar ganz unten im Oben, aber wer hinterfragt das schon so genau.

Die Leute sind ja immer unzufrieden, egal, wo man steht. Karma ist eh ne Bitch und die Göttin hat Dauerlaune, das kennt man doch. Man singt mit Inbrunst „Wir sind wieder da“, vielleicht ja dann auch nächstes Jahr in Liga Zwo.

Noch ist Zeit und der Glaube ungebrochen. Man kann ja auch immer hoffen, dass sich Andere, mit Verlaub, noch dümmer anstellen als man selbst. Ob das ein tragfähiges Gerüst ist, darf aber bezweifelt werden.

Ob nun  in Zukunft Schalke oder Sandhausen, ob Bayern oder Bielefeld, das wird man sehen. Hauptsache, Fortuna. Wir gehen dahin, weils unser Verein ist. Der Gegner ist sekundär, die Liebe ligalos.

Und sollte sich der Fahrstuhl abwärts bewegen, ja dann ist das halt so. Dann wird ein bisschen geheult und geschimpft und der Konjunktiv überstrapaziert. Und danach stehen wir wieder im Stadion und feiern unsere Göttin, als sei nie was gewesen.




Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.